Weinkultivierungshistorie  & Terroir

Im heutigen Kulturlandschaftsbild geht von den Weinbauregionen ein ganz besonderer Reiz aus. Erstmals schriftlich überliefert und im archäologischen Befund nachgewiesen, wurde die planmäßige Rebenkultivierung auf damaligem Land des heutigen deutschen Staatsgebiets in gallo-römischer Zeit, in klimabegünstigten Regionen westlich des Rheins, wie der Mosel, der Nahe und der Pfalz. Seither trägt der Weinbau zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen bei.

Heute existieren in Deutschland 13 Weinbauregionen mit 102.000 ha Rebfläche und 140 Rebsorten, wobei circa ein Drittel auf die Rebsorten Riesling und Müller-Thurgau entfallen.

Rebfläche in Hektar 2018: Ahr (563), Baden (15.800), Franken (6100), Hessische Bergstraße (467), Mittelrhein (470), Mosel (8.800), Nahe (4.240), Pfalz (23.550), Rheingau (3.210), Rheinhessen (26.760), Saale-Unstrut (786), Sachsen (501), Württemberg (11.460)

Im Vergleich zur deutschen Anbaufläche betrug die weltweit angebaute Gesamtrebfläche im Jahr 2016   7,35 Mio ha. Dazu im Vergleich beträgt die Fläche in Spanien, welches auf Platz 1 der weinproduzierenden Länder steht, fast 1 Mio ha, Frankreich ~785.000 ha, Italien ~685.000 ha, ~Portugal 215.000 ha, Griechenland 105.000 ha, China 850.000 ha und USA 440.00 ha. Damit liegt die deutsche Rebfläche im internationalen Vergleich im unteren Drittel.

Viele kleine Winzerbetriebe in Europa setzen nun als eine Reaktion auf die Globalisierungs-tendenzen am Weinmarkt und eine damit tendenziell einhergehende Uniformierung des Weingeschmacks, als Alleinstellungsmerkmal ihres Naturprodukts Wein, auf Authentizität und Herkunft. Die natürlichen Standortfaktoren (Geologie, Boden, Oberflächengestalt, Klima) und die facettenreiche Arbeit im Weinberg und im Keller soll sich als individuelle Charakteristik im Geschmack des Weines widerspiegeln. Genau dies beschreibt der aus dem französischen Agrarbereich stammende Begriff „Terroir“  (frz.; du terroir = regional ).

Bei der Produktion von "Terroir-Weinen" ist das Ziel den Weinstil der Standorte unverfälscht wiederzugeben, um somit ein Maximum der örtlich in der Traube gebildeten Inhalts- und Aromastoffe in den Wein übergehen zu lassen. Dabei werden die naturgegebenen Einflüsse des Standortes nicht überdeckt oder entfernt. Das erfordert eine zurückhaltende Kellerwirtschaft und reduziert damit die Eingriffe im Keller auf ein Mindestmaß. So wirkt z.B. ein Boden, beeinflusst durch das jeweilige Gestein, das Klima und das Relief, in hohem Maß Terroir verändernd und beeinflusst damit direkt den Charakter der Weine.

 

Zusammenhänge zwischen Geologie und Landschaft

Die Region Rhein-Nahe, welche die Weinanbaugebiete Mittelrhein, Nahe, Rheingau und Rheinhessen verbindet, steht für ihren vielfältigen Abwechslungsreichtum im Landschaftsbild auf engstem Raum und ist damit einzigartig in Mitteleuropa. Im Wesentlichen resultiert dies aus der Kombination verschiedenster, großräumig zusammengehöriger Gesteinsserien, völlig unterschiedlicher und zeitlich weit auseinander liegender geologischer Entwicklungsstadien; den Resten eines großen Ozeans zwischen zwei Großkontinenten, die sich anschließend zu einem alpenähnlichen Gebirge und seiner Vortiefe zusammenschoben, einer relativ jungen Meeresstraße zwischen den Vorläufern des Mittelmeers und der Nordsee und der Land-schaftsformung durch die Eiszeiten sowie der Flusssysteme Rhein und Nahe. Aus diesen relativ komplizierten geologischen Bildungsbedingungen, aus denen auch die Landschafts-vielfalt Mittteleuropas entstand, resultiert letztendlich auch die heutige, äußerst divers ausgeprägte Boden- und Vegetationsvielfalt unserer Region.

Von geologisch herausragender Stellung ist der Raum Bingen, süd-westlich des Rochusbergs. Hier grenzen nicht nur weitläufig die 4 Weinanbaugebiete aneinander, hier treffen 4 Großland-schaften direkt aufeinander, in ihrer Gestalt so unterschiedlich, durch deren unterschiedliche Gesteinsserien von 5 geochronologischen Perioden :

Rheinisches Schiefergebirge  als Teil des variskischen Gebirges - Devon/Karbon,  417-296 Mio 

Naheland                                     als Teil des Saar-Nahe Beckens     - Perm,                    296-251 Mio 

Rheinhessen                               als Teil des Mainzer Beckens          - Tertiär,                     65-2,6 Mio

Flussterrassenlandschaft Rhein/Nahe durch Warm- u. Kaltzeiten im Quartär,        2,6 Mio-heute

Dadurch wurden hier über Jahrmillionen Vertreter aller Gesteinsgroßgruppen generiert:

  - Magmatite wie z.B. die unterschiedlichsten Vulkanite (Rhyolith bis Basalt) der Nahe-Region

  - Umwandlungsgesteine oder Metamorphite  wie z.B. die Schiefer u. Quarzite des Mittelrheins       und Rheingaus sowie seltene Grünschiefer und Gneise der Hunsrück-Südrand-Störung

 - Sedimente wie z.B. die Kreuznacher Sandsteine sowie rheinhessische Kalksteine und  die             weitverbreiteten Lössbedeckungen

Diese relativ kleinräumig in einer Region aneinandergrenzenden Gesteine und verschiedenste Fossilienreste lassen Rückschlüsse auf unterschiedlichste geologische Bildungsbedingungen in unterschiedlichsten paläogeographischen Breiten mit unterschiedlichsten Klima- und Vegeta-tionszonen zu. Die paläontologischen Faunen- u. Florenelemente zeigen z.B. Meeresräume mit Seelilien, Panzerkrebsen, Seekühen, Haien sowie zahllosen Muscheln und Schnecken und z.B. Auenwaldbereiche mit großen Elefanten, Flusspferden, Krokodilen, Säbelzahntigern und ersten Menschenaffen. Die Versteinerungen und Relikte dieser Gemeinschaften lassen sich im Gelände und in zahlreichen Museen der Region besichtigen.